Eröffnung, Freitag 19. Mai, 18:00
Artist Talk mit Anna Nowak am 21. Mai, 18:00
Öffnungszeiten Samstag 15-18:00 / Sonntag 15-20:00
„I’m an intrusion, I don’t swim or sink, I just float, I don’t need Gravity, I just need growth” – Iniko, Jericho
Als Kind war ich von Treibsand sowohl erschrocken als auch fasziniert – so sehr, dass er mich in meinen Träumen, meinen Ängsten und in meinem Spielen beschäftigte. Ich erinnere mich, wie ich am Strand Tümpel baute, so tat, als säße ich im wässrigen Sand fest, Wasser nachschüttete, tiefer grub und mich im Schlamm einschloss, nur um zu sehen, ob ich mich retten konnte. Ich stürzte mich auf Bücher und Kindersendungen im Fernsehen, in denen Überlebenstipps gegeben wurden – nicht zappeln, kleine Bewegungen machen, still halten.
Heute spricht man nicht mehr so oft über Treibsand. Die Angst vor dem Versinken im Boden, die einst den Diskurs meiner prägenden Jahre beherrschte, war so gut wie verschwunden.
Bis jetzt. Da die International Sea Association gerade 19 Einzelgenehmigungen für den Tiefseebergbau in der Clarion-Clipperton-Zone ausgestellt hat, um Ressourcen wie Nickel, Kupfer, Gold, Phosphor und andere Edelmetalle für eine Zukunft nach den fossilen Brennstoffen abzubauen, sind meine Ängste, im Boden gefangen zu sein, wieder aufgetaucht.
Ab dem 19. Mai präsentiert Lulu MacDonald ihre neueste Ausstellung „Quicksand“ in Zusammenarbeit mit dem Soundkünstler Carlos Andrès Rico und der Folksängerin Kirsty Merryn. Quicksand lässt Sie in einen Sumpf aus Klang, Sirenengesang und Skulpturen eintauchen.
Erforscht wird, wie sich Organismen in einer Krise behaupten, die Überheblichkeit eines Sündenfalls, die Dimensionen des Universums und wie Reichtum die Sterblichen dazu verleitet, sich wie Götter zu verhalten.
Langsam, lehnen Sie sich zurück, geben Sie sich hin.
Mit freundlicher Unterstützung der Claussen-Simon-Stiftung & der Behörde für Kultur und Medien Hamburg
English Version
Opening Friday, May 19th, 18:00
Artist Talk 21st May with Anna Nowak at 18:00
Opening hours Saturday 15-18:00 / Sunday 15-20:00
„I’m an intrusion, I don’t swim or sink, I just float, I don’t need Gravity, I just need growth” – Iniko, Jericho
As a child, I was both terrified of and fascinated by quicksand – so much so that it filled my dreams, my fears and my play. I remember building swamps at the beach, pretending to be stuck in the watery sand, pouring water, digging and trapping myself in the muck just to see if I could save myself. I would pore over books and children’s television programmes that gave survival tips about how to escape it – don’t struggle, make small movements, be still.
People don’t talk about quicksand so much anymore. The fear of sinking into the ground which once filled the discourse of my formative years had all but melted away.
Until now. As the International Sea Association have just granted 19 individual deep sea mining licences in the Clarion Clipperton zone in order to excavate resources like nickel, copper, gold, phosphorus and other precious metals for a post-fossil fuel futurism, my anxieties about being trapped in the floor have all come rushing back.
Opening
on 19th May, Lulu MacDonald presents her latest exhibition ‘Quicksand’ in collaboration with Sound Artist
Carlos Andrès Rico and Folk Singer
Kirsty Merryn. Quicksand immerses you in a quagmire of sound, siren calls and sculpture.
Exploring how organisms manifest in crisis, the hubristic methodology of a fall from grace, the scales of the universe and how wealth fools mortals into behaving like the gods.
Slowly now, lie back, surrender.
With the kind support of Claussen-Simon-Stiftung & Behörde für Kultur und Medien Hamburg
Jaewon Kim: Dreh mal am Herd 18.08.-20.08.2023
Vernissage: 18.08.2023 18 Uhr
Öffnungszeiten: 19.-20.08.2023 12:00 – 20:00 Uhr
www.jaewon-kim.com
In der klassischen Literatur werden Romane immer wieder neu übersetzt um sich kulturellen Begebenheiten und sprachlichen Änderungen anzupassen. Analog dazu unterlaufen ebenso Erzeugnisse technischer Fertigungsprozesse mit sich stetig ändernden Produktionsmöglichkeiten neue Iterationen der Übersetzung.
In seiner Einzelausstellung „Dreh mal am Herd“ positioniert sich Jaewon Kim in der Rolle des zeitgenössischen Übersetzers. Mittels Interpretation kombiniert er in poetischen Material- und Herstellungsstudien historischer Objekte Vergangenes mit Gegenwärtigem. Dabei geht er nicht chronologisch vor, sondern betrachtet den Moment, in dem manuelle Arbeit maschineller Fertigung weicht. Gusseiserne Zäune, buntes Fensterglas, geschmiedete Hufeisen: Formell bezieht sich Kim auf Referenzobjekte, die dem traditionellen Handwerk aus Europa entspringen. Gemeinsam haben diese Objekte, dass sie dekorativen Zwecken dienen und symbolische Bedeutungen haben. So hängen beispielsweise in manchen ländlichen Gegenden immer noch Hufeisen mit der offenen Seite nach oben als Glücksbringer über Türeingängen.
In seiner Reinterpretation verbindet er vergangene Formsprachen mit gegenwärtigen Materialien und Herstellungstechniken, wie beispielsweise dem 3D-Druck. Seine Skulpturen unterlaufen meist eine zweifache Übersetzung – ausgehend vom Referenzobjekt erstellt er zunächst ein digitales Modell, welches er im nächsten Schritt wieder im physischen Raum materialisiert. Dabei ist nicht nur der Aspekt der technischen Umwandlung relevant, sondern auch die dabei entstehenden ästhetischen Konsequenzen.
So verweist insbesondere der 3D-Druck in seiner Oberflächenstruktur auf seinen Herstellungsprozess. Besonders sichtbar wird dies in seinen Skulpturen „everyday“ und “If the Sun rises from the West”, deren Aluminium-Einfassungen jeweils an geschmiedete Zäune erinnern. Innerhalb der Segmente befinden sich kontrastierende Formen, die wie Fensterglas eingesetzt sind und durch ihre Extrusion deutliche Spuren ihrer Herstellung aufweisen. In ihnen zeigt sich die typisch technisch-sterile Materialästhetik: Die einzelnen Schichten sind mit bloßem Auge sichtbar und betonen die Konstruktion des Objekts.
Allerdings bestehen seine Skulpturen nicht nur aus thermoplastischen Kunststoffen, wie beim 3D-Druck üblich, sondern auch aus Ton. In seiner Skulpturserie „Schritt, Trab, Galopp“ wird dieser mittels 3D-Druck schichtweise aufgetragen. Die Porzellan-Objekte nehmen Hufeisen zur Ausgangsform, erinnern in ihrer Materialität und Farbgebung allerdings vielmehr an Plastik. Das neue Material hat auch Auswirkungen auf die Funktionalität des Objekts und löst es deshalb von seiner ursprünglichen Zweckmäßigkeit. Positioniert sind sowohl Fenster, als auch Hufeisen als dekorative Raumelemente an den Wänden. So verweben sich in Jaewon Kims Arbeit Nostalgie und Humor und werden Teil seiner spielerischen Material- und Formsuche.
Dabei nutzt er immer wieder Momente des Witzes, wie auch im Ausstellungstitel „Dreh mal am Herd“ – einem Palindrom, welches sowohl vorwärts als auch rückwärts gelesen werden kann. In seinen Materialstudien verbindet Jaewon Kim Kultur, Tradition und Handwerk mittels digitaler Technologien zu einer ornamentalen Zusammenführung. Seine Rolle als Übersetzer entspringt persönlichen Beobachtungen, theoretischer Recherche und einer andauernden Beschäftigung mit Materialien und Produktionsprozessen. Mit seiner Arbeit stellt er nicht zuletzt auch Fragen zur Autor*innenschaft im digitalen Zeitalter.
Text: Katrin Krumm